Homöopathie: Gesundheitsgruß aus der Romantik

Die Romantik war die Zeit der großen Gefühle und Empfindungen. Der Mensch entdeckte sich selbst – und litt. Kein Wunder, dass dies auch in anderen Lebensbereichen großes Echo fand, zum Beispiel in der Medizin. 

Homöopathie, © iStock/juefraphoto
Homöopathie, © iStock/juefraphoto

Die Homöopathie entstand in der Epoche der Romantik, bei der es sich um das Individuum und die Seele des Menschen dreht. Der Arzt Samuel Hahnemann entwickelte passend zur Zeit eine universelle homöopathische Behandlungsmethode, bei der "Ähnliches durch Ähnliches geheilt werden möge". Krankheit ist "eine besondere Stimmung" des Organismus, so Hahnemann.

Sein Heilungsprinzip ist so simpel wie einleuchtend: Ein homöopathisches Arzneimittel wird so ausgewählt, dass die Inhaltsstoffe der Grundsubstanz an Gesunden ähnliche Krankheitserscheinungen hervorrufen können wie die, an denen der Kranke leidet. Das klingt erst einmal rabiat, doch die Dosierung der Wirkstoffe macht angeblich den Unterschied.

Homöopathische Arzneimittel: Verdünnen und Schütteln steigert die Wirkung

Bei homöopathischen Arzneimitteln werden die Grundsubstanzen einer Potenzierung unterzogen. Anders ausgedrückt: Die Wirkstoffe werden schrittweise und durch Schütteln in einem Verhältnis von 1:10 (D-Potenzen) oder 1:100 (C-Potenzen) mit Wasser oder Ethanol verdünnt. Eine Potenz von C2 bedeutet dabei, dass die Grundsubstanz zweimal im Verhältnis 1:100 verdünnt wird. Auf diese Weise sinkt die Wirkstoffkonzentration stufenweise auf typische Verdünnungsgrade zwischen 1:10.000 (C2/D4) und 1:10400 (C200/D400).

Hahnemann nahm an, dass sich nur durch das Potenzieren und Schütteln der Wirkstoffe das Potenzial voll entfalten könne. Damit steht die Homöopathie allerdings im Widerspruch zu fundamentalen Erkenntnissen der Naturwissenschaften. In seinem Buch "Irrt die Physik?" brachte der Berliner Physikprofessor Dr. Martin Lambeck diesen Widerspruch auf den Punkt: "Die Homöopathie sagt: Beim Schütteln entsteht etwas, die Verdünnung ist unwichtig. Die Physik sagt: Beim Verdünnen vergeht etwas, das Schütteln ist unwichtig."

Die Belegsituation für die Wirkung homöopathischer Medikamente ist – im Gegensatz zur Schulmedizin – dementsprechend äußerst zwiespältig. Wissenschaftlich erbrachte, schwache Wirksamkeitshinweise gibt es beispielsweise bei Allergien, Hautausschlag, Schmerzen und Seekrankheit. Aber: Hinweise sind keine Beweise. Und bislang fehlen für homöopathische Mittel nahezu aller Verdünnungsstufen wissenschaftliche Belege, dass deren Wirksamkeit über die von Scheinmedikamenten (Placebos) hinausgeht. Trotzdem ist die Homöopathie vom Gesetzgeber als "besondere Therapierichtung" ausdrücklich zugelassen.

Homöopathie: Viele Krankenkassen erstatten die Kosten

Homöopathische Arzneimittel sind bis auf wenige Ausnahmen zwar apothekenpflichtig, ab einem Verdünnungsgrad von 1:10.000 (C2/D4) aber grundsätzlich rezeptfrei erhältlich. Homöopathika werden allerdings nicht durch Medikamentenstudien nach dem deutschen Arzneimittelgesetz (AMG) untersucht und sind – ebenso wie andere rezeptfreie Arzneimittel auch – nicht Bestandteil des Leistungskatalogs gesetzlicher Krankenkassen.

Homöopathie gilt inzwischen als beliebteste alternative Heilmethode in Deutschland. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa hat bereits jeder Zweite Erfahrungen mit Homöopathie gesammelt. Im Rahmen der DZVhÄ-Selektivverträge Homöopathie erstattet deshalb ein Großteil der Krankenkassen die Kosten homöopathischer Behandlungen ganz oder teilweise. Viele Krankenkassen geben dabei offen zu, dass sie für homöopathische Behandlungen nur deshalb zahlen, weil es aus Marketing-Sicht Sinn ergibt und es ihre Patienten so wünschen.

So werden mit homöopathischen Mitteln allein in Deutschland jedes Jahr Hunderte Millionen Euro umgesetzt, weltweit sind es sogar zwei Milliarden Euro. Rund 80 Prozent der homöopathischen Medikamente kommen in Form sogenannter Globuli in den Handel. Dabei handelt es sich um kleine Zuckerkügelchen, auf die das verdünnte homöopathische Medikament aufgesprüht wurde.

Homöopathische Mittel: Darreichungsformen und Wirkstoffe

Neben Globuli gibt es Homöopathika auch in Tropfenform oder als Tabletten zur Einnahme sowie als Salben, Cremes und Tinkturen zur äußeren Anwendung auf der Haut. Dabei kommen folgende Wirkstoffe besonders häufig zum Einsatz:

  • Aconitum (Eisenhut/Sturmhut): Mit dem Gift dieses Hahnenfußgewächses versucht man, akute Entzündungen im Keim zu ersticken. Typische Anwendungsgebiete: Fieber und Husten.
  • Apis mellifica (Honigbiene): Soll zum Einsatz kommen, wenn die Beschwerden den Reaktionen auf einen Bienenstich gleichen. Typische Anwendungsgebiete: Insektenstiche, Nesselsucht, Entzündungen mit Schwellungen.
  • Arnica (Bergwohlverleih): Hier wird eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung angenommen. Typische Anwendungsgebiete: Prellungen, Quetschungen und Blutergüsse.
  • Nux vomica (Brechnuss): Dieses homöopathische Mittel soll die Verdauung regulieren und auch entgiftend wirken. Typische Anwendungsgebiete: "Kater"-Beschwerden, Durchfall und Verstopfung.
  • Rhus toxicodendron (Giftsumach): Dieses Mittel verspricht, Schmerzen des Bewegungsapparats zu lindern. Typische Anwendungsgebiete: Muskel- und Gelenkschmerzen, die sich durch Bewegung verbessern.
  • Thuja (Lebensbaum): Thuja gilt als Arzneimittel mit außerordentlich hoher Wirkkraft und kommt oft äußerlich zur Anwendung. Typische Anwendungsgebiete: Warzen, Haut- und Schleimhauterkrankungen.

Zu den führenden deutschen Herstellern von Homöopathika zählen Hevert-Arzneimittel, Dr. Reckeweg, das Homöopathische Laboratorium Alexander Pflüger, die Heel GmbH und der Marktführer Deutsche Homöopathie-Union. International bedeutend sind zudem der US-Hersteller Hylands, die Laboratoires Lehning in Frankreich, die Schweizer Similasan AG sowie der weltweit größte Hersteller Boiron. Erhältlich sind deren Präparate beispielsweise in folgenden Hamburger Apotheken, die sich auf homöopathische Medikamente spezialisiert haben:

Weitere Informationen zu Homöopathika erhalten Interessenten bei Ärzten mit homöopathischer Zusatzausbildung, Heilpraktikern und Apothekern.

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