Wandsbek plant sicheren Rückzugsort für queere Menschen
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Die Wandsbek-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat einen wichtigen Schritt für die Unterstützung queerer Menschen im Bezirk eingeleitet. Bei der jüngsten Bezirksversammlung wurde einstimmig ein Antrag beschlossen, der die Einrichtung eines "Safe Space" für LGBTQIA+-Menschen in Wandsbek vorsieht. Diese Initiative kommt zu einem Zeitpunkt, an dem queere Menschen verstärkt mit Diskriminierung und Gewalt konfrontiert sind.

Der geplante Safe Space soll als zentraler Treffpunkt und sicherer Rückzugsort für alle queeren Menschen im Bezirk dienen. Hier können sie sich frei entfalten, zu ihrer Persönlichkeit stehen und Gemeinschaft erleben – ohne Angst vor Vorurteilen oder Anfeindungen.
Alarmierende Zahlen verdeutlichen den Handlungsbedarf
Die Notwendigkeit für einen solchen Schutzraum wird durch beunruhigende Statistiken unterstrichen. Im Jahr 2023 registrierte Hamburg 98 queerfeindliche Straftaten – das entspricht einem dramatischen Anstieg von 56 Prozent gegenüber 2022. Diese Zahlen spiegeln eine gesellschaftliche Entwicklung wider, die Experten mit Sorge beobachten.
Studien zeigen ein paradoxes Phänomen: Während die Akzeptanz für queere Menschen in der Gesellschaft grundsätzlich steigt, nehmen gleichzeitig Abwehr, Hetzkampagnen und sogar körperliche Angriffe zu. Diese Polarisierung macht deutlich, dass trotz gesellschaftlicher Fortschritte noch immer erheblicher Handlungsbedarf besteht.
Umfassende Bedarfsanalyse geplant
Bevor der Safe Space realisiert wird, plant die Wandsbek-Koalition eine gründliche Bedarfsermittlung. Im ersten Schritt sollen verschiedene Experten angehört werden, um die optimalen Rahmenbedingungen zu entwickeln. Dazu gehören:
- Sozialraumexperten
- Vertreter aus öffentlichen Wohnangeboten
- Mitarbeiter von Altenheimen
- Sprecher queerer Menschen aller Altersgruppen
Diese breite Konsultation soll sicherstellen, dass der Safe Space passgenau auf die tatsächlichen Bedürfnisse der queeren Community in Wandsbek zugeschnitten wird. Der Bedarf erstreckt sich dabei über alle Altersklassen hinweg – von Jugendlichen bis zu Senioren.
Politische Stimmen zur Initiative
FDP: Liberaler Gedanke der Selbstbestimmung
Annett Wicher, Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Fraktion Wandsbek, betont die liberale Grundhaltung hinter der Initiative: "So lange die Demonstrationen zur Pride noch notwendig sind, um ein Zeichen für die Toleranz gegenüber queeren Menschen zu setzen, ist es unsere Aufgabe als Politiker, die Gesellschaft zu einem Umdenken anzuregen."
Sie hebt hervor, dass es zum liberalen Gedanken gehört, jedem Menschen zu ermöglichen, sein Leben nach seinen Wünschen zu gestalten. Wicher freut sich besonders darüber, dass Wandsbek als größter Bezirk Hamburgs seine Vielfalt auch durch solche Angebote unterstreicht: „Denn der größte Bezirk Hamburgs ist eben auch bunt."
SPD: Fokus auf soziale Probleme
Carsten Heeder von der SPD-Fraktion Wandsbek rückt die sozialen Herausforderungen in den Mittelpunkt: "Die Realität queerer Menschen ist ein ernstzunehmendes soziales Problem. Wohnungsnot, psychische Erkrankungen und Gewalt treffen sie zusätzlich und anders."
Er betont die Wichtigkeit einer fundierten Beratung in den zuständigen Ausschüssen, um konkrete Bedarfe im Bezirk zu identifizieren und passende Handlungsoptionen zu entwickeln. Diese systematische Herangehensweise soll sicherstellen, dass die Unterstützung dort ankommt, wo sie am dringendsten benötigt wird.
Grüne: Lebensrettende Maßnahme
Conny Poltersdorf, Fachsprecherin der Grünen-Fraktion, unterstreicht die lebensrettende Bedeutung des Projekts: "Was wir fordern, kann Leben retten. Ein Safe Space fördert psychische Stabilität. Er schafft Schutz, Sichtbarkeit und Selbstbestimmung."
Sie formuliert eine klare Botschaft, die der Safe Space vermitteln soll: "Du bist nicht falsch. Du bist nicht allein. Du bist willkommen." Poltersdorf stellt klar, dass es sich nicht um eine Sonderbehandlung handelt: „Das ist keine Sonderbehandlung, sondern längst überfällig hier in Wandsbek! Wenn Gleichberechtigung fehlt, ist gezielte Förderung kein Privileg – sondern Ausgleich."
Gesellschaftlicher Kontext und Pride Week
Die Initiative fällt zeitlich in die Pride Week, eine Zeit, in der die Probleme und Herausforderungen queerer Menschen verstärkt in den öffentlichen Fokus rücken. Diese jährlichen Veranstaltungen sind nicht nur Feier der Vielfalt, sondern auch wichtige Erinnerung daran, dass Gleichberechtigung noch nicht vollständig erreicht ist.
Die Tatsache, dass Pride-Demonstrationen nach wie vor notwendig sind, um für Toleranz und Akzeptanz zu werben, verdeutlicht den anhaltenden Bedarf für unterstützende Maßnahmen wie den geplanten Safe Space.
Ziele und Visionen des Safe Space
Der geplante Safe Space soll mehrere wichtige Funktionen erfüllen. Als Treffpunkt ermöglicht er queeren Menschen, Gleichgesinnte zu finden und Gemeinschaft zu erleben. Als Rückzugsort bietet er Schutz vor Diskriminierung und einen Raum, in dem Menschen authentisch sie selbst sein können.
Darüber hinaus soll der Safe Space Sichtbarkeit schaffen und ein deutliches Zeichen setzen, dass Wandsbek ein Bezirk ist, der Vielfalt wertschätzt und schützt. Diese Symbolkraft kann über die direkten Nutzer hinaus positive Auswirkungen auf das gesellschaftliche Klima haben.